Sonntag, 1. Oktober 2017
Silberschweifs Geschichte - Teil 1
Silberschweifs Geschichte
Hallo, ich bin Silberschweif, ein Wolf. Mein Zuhause ist Deutschland. Meine Mutter erzählte mir immer davon, wie ihre Eltern hierhergezogen sind. Sie war damals selbst noch nicht auf der Welt. Bis vor kurzem lebte ich in einem Rudel mit insgesamt 8 Wölfen. Das waren meine Schwester Faver mit ihrem Gefährten Blake und ihren Jungen Sine, Rude und Nore. Sine, Rude und Nore wurden im Frühjahr geboren, jetzt ist Anfang Winter. Außerdem lebten in unserem Rudel noch Sven und Lake, die beiden Brüder von Blake. Wir streiften gemeinsam durch dichte Wälder, jagten und kümmerten uns um die Jungen. Es war toll. Ich spielte oft mit Sine, Rude und Nore. Ich rannte mit ihnen um die Wette, sprang mit ihnen und zeigte ihnen wie man jagte. Doch dann im Sommer änderte sich alles…
Es war ein warmer Spätsommertag. Wir hatten uns für die Jagd aufgeteilt. Ich jagte mit Sven. Blake und Lake jagten auch noch zusammen, Faver kümmerte sich um Sine, Rude und Nore, die noch nicht jagen konnten. Sven und ich hatten am späten Nachmittag noch keinen Erfolg gehabt. Wir gingen zum Bach um etwas zu trinken. Dort trafen wir Blake und Lake, die auch noch nichts gefangen hatten. Lake klagte über seine müden Beine und wir schlugen ihm vor, er könnte zu Faver gehen und ihr mit den Jungen helfen, wir würden zu dritt weiterjagen. Lake nahm den Vorschlag erleichtert an und ging. Erst am späten Abend rissen Sven, Blake und ich ein Reh. Freudig zerrten wir es zu der Höhle, in der wir hausten. Sine, Rude und Nore kamen uns schon mit hungrigen Augen entgegen. Als wir das tote Reh vor die Höhle legten kam auch Faver mit leuchtenden Augen heraus. Gerade wollten wir anfangen zu fressen, als Faver fragte: „Wo ist Lake?“ Verwundert antwortete Blake: „Er hatte müde Beine und wir haben ihn zu dir geschickt, damit er dir bei den Jungen helfen kann. Ist er nicht hier?“ „Nein“, hat Faver geantwortet, „er ist hier nicht.“ Sven, Blake, Faver und ich gingen auf die Suche nach Blake, doch wir fanden ihn nicht. Wir folgten seiner Duftspur vom Bach an, doch irgendwann löste sie sich auf. Schließlich gaben wir auf und gingen zurück zur Höhle. Während wir liefen hörten wir schon das Jaulen der Jungen. Faver stöhnte auf: „Sie brauchen Milch. Ich laufe schon mal vor.“ Sie rannte los. Blake, Sven und ich gingen langsam weiter. Auf einmal hörten wir das verzweifelte Heulen einer Wölfin. Es war Faver. Wir rannten los. Als wir näher zur Höhle kamen rochen wir Blut, aber es war nicht das Blut des Rehs, es war Wolfsblut. Dann sahen wir Nore vor der Höhle liegen. Blut strömte aus einem Loch in seinem Bauch. Neben ihm kauerte Faver. Immer wieder stieß sie ein verzweifeltes Heulen aus. Aus der Höhle lugten Rude und Sine. Die beiden Wolfsjungen weinten. Blake ging auf sie zu, murmelte etwas und schob sie dann zurück in die Höhle. Sven und ich gingen zu Faver und Nore. Blake kam auch zu uns. „Sie brauchen ihren Bruder nicht so verletzt zu sehen.“, sagte er. Sven und ich warfen uns einen verwirrten Blick zu. Lebte Nore etwa noch? Blake stupste Nore mit der Nase an. „Rühr dich doch.“, jaulte er verzweifelt, „Tu mir nur einen Gefallen.“ Faver begann auch zu jaulen: „Er ist tot, Blake, er ist tot!“ Ich tappte langsam noch näher zu Nore. Ich vergrub meine Nase in seinem Fell und murmelte: „Nore, du warst immer so lieb, so witzig und komisch, wir haben zusammen gespielt…“ Meine Stimme brach, vor Trauer konnte ich nicht mehr weiterreden. Aber Sven hatte verstanden, was wir tun mussten. Auch er vergrub seine Nase in Nores Pelz und sprach: „Du wärst ein guter Jäger geworden. Ich hätte dich gerne gelehrt. Ab jetzt wirst du im Reich der ewigen Wölfe jagen. Nie, werde ich dich vergessen, Nore.“ Das Reich der ewigen Wölfe, ist der Ort, wo die Seelen toter Wölfe, die nichts Böses getan hatten hinkamen. Jetzt steckte Faver ihre Nase in Nores Fell und flüsterte: „Du warst mein Erstgeborener. Du hast das wunderschöne, schwarze Fell deines Vaters geerbt und meine blauen Augen. Ab jetzt werde ich deinen Geist in deinem Körper auf der Erde nicht mehr sehen, aber irgendwann sehe ich dich im Reich der ewigen Wölfe wieder.“ Blake drückte seine Nase in Nores Fell und jaulte: „Du wirst mich verlassen, aber irgendwann sehe ich dich wieder!“ Ich ging zu Blake und stupste ihn an. Er sah mich an und ich sagte ihm: „Nein, Nore verlässt dich nicht. Er, die Erinnerung an ihn, wird immer in deinem Herzen sein.“ Blake wandte seinen Kopf ab, er wollte mir nicht richtig glauben, aber er sagte nichts. Dann legte Faver ihren Kopf in den Nacken und begann zu heulen: „Nore, Nore, Nore!“ Wir anderen stimmten in ihr Klagegeheul ein. In der späten Nacht schliefen wir erschöpft neben Nores Leichnam ein.



Hallo,

das ist der erste Teil von Silberschweifs Geschichte.
Ich hoffe es hat euch gefallen.
Schreibt mal eure Meinung dazu in die Kommentare.

Bis bald, Nachtschatten

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Erstellt von n4chtschatten am 1. Oktober, 18:55.

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